In den Zeiten vor WhatsApp haben sich die Teenager noch kleine Zettelchen zugeschoben mit der Frage „Willst du mit mir gehen?“ Die Antwortmöglichkeiten waren vorgegeben: Ja – Nein – Vielleicht. Kurz angekreuzt, den Zettel an den Absender zurückgegeben – und schon hatte man bestenfalls eine neue Freundin oder einen Freund (und einige dieser Freundschaften halten ewig, ob mit oder ohne Trauschein).
Value-Based Fee – eine neue Herangehensweise?
In abgewandelter Form sollten sich Berater, die eine neue Beziehung mit Value Based Fees eingehen möchten, genau diese Frage stellen und einmal nur diese drei Antwortmöglichkeiten zulassen. Also los: „Willst du ab sofort dein Geschäft ausschließlich nach dem Ansatz der Value-Based Fees ausrichten? Ja – Nein – Vielleicht. Okay, wird mit „Nein“ geantwortet, ist alles klar, es lohnt sich nicht, sich weiter damit zu beschäftigen. Nein ist eine klare Entscheidung, zumindest für den Augenblick. „Vielleicht“ gibt es leider nicht bei Value Based Fees, denn wer das „Vielleicht“ nicht aus seinem Kopf bekommt, wird während des gesamten Prozesses immer wieder im Konflikt sein. Analog dem Teenager, der denkt: „Vielleicht kann ich ja doch noch beim Klassenschwarm landen“, fragt sich der Berater: „Kann ich mit Tagessätzen möglicherweise doch einen höheren Umsatz generieren?“ Diese Bedenken sind beim Valued-Based-Fees-Ansatz völlig kontraproduktiv, denn ob es ein gutes Value-Based-Fees-Projekt wird, entscheidet sich nicht beim Angebot und der richtigen Summe in Euro, sondern viel, viel früher.
Ganz am Anfang und am besten ohne jedes Projekt und ohne jeden Kundenbezug stehen die Fragen: Wer bin ich? An was mache ich fest, ob meine Arbeit gut und erfolgreich war? Was sind meine Antreiber? Wie intensiv beschäftige ich mich mit meinem Kunden und seinen Themenstellungen? Ist mir immer klar, was meinen Kunden umtreibt? Was macht mich zufrieden, wenn ich auf ein abgeschlossenes Projekt zurückschaue? Wer als Erstes an einen hohen eigenen Umsatz denkt, ist bestenfalls auf dem „Vielleicht“-Level. Wer aus tiefer innerer Überzeugung erreichen möchte, dass bei seinem Kunden dauerhaft gute Ergebnisse erzielt werden – auch ohne die ständige Begleitung eines Beraters –, dass danach die Dinge besser laufen als vor seinem Einsatz und allen Beteiligten klar ist, wozu sie das alles machen, hat ein tolles Fundament, auf dem sich der Value-Based-Fees-Ansatz aufsetzen lässt. Denn eines ist der Value-Based-Fees-Ansatz ganz sicher nicht: Er ist kein neues Preismodell! Vielmehr ist er ein Ansatz, wie Mehrwerte durch externe Begleitung in Unternehmen erzielt werden können. Dass diese dann auch entsprechend vergütet werden, ist eine logische Folge daraus, aber auch nur das!
Value Based Fee & der Economic Buyer
Hat man die grundsätzlichen Fragen mit sich selbst geklärt, ist das Vorgehen beim ersten Kontakt mit dem Economic Buyer schon viel einfacher, klarer und zielführender. Die ersten Gespräche drehen sich nicht darum, was gemacht werden kann, sondern um das tiefe Verständnis, warum das Unternehmen das Thema angehen möchte, was danach besser ist als vorher, an was die Bewertung „besser“ konkret festgemacht werden kann. Welche Effekte sollen sich daraus ergeben, und wo gibt es unter Umständen auch besondere Hindernisse nach Einschätzung des Economic Buyer? Und die zentrale Frage lautet: Welcher unternehmerische Mehrwert wird erreicht? Nicht nur in einem Jahr, sondern auch in zwei bis drei Jahren oder mehr.
Hier kann auch durchaus die Frage gestellt werden, aus welchem Grund das Thema bisher nicht angegangen wurde. Entweder ist es – durch Umweltfaktoren getrieben – so neu, dass es bisher noch nicht relevant war, oder an dieser Stelle ergibt sich schon ein erster Einblick in die Komplexität der Themenstellung im Unternehmen. Um die Situation wirklich zu verstehen und gedanklich zu durchdringen, bedarf es einer guten Vor- und Nachrecherche, unter Umständen auch mehrerer Gespräche oder weiterer Informationen.
Ganz nach der Devise „Wer schreibt, der bleibt (im Gespräch)“ wird das gewonnene Gesamtbild für den Economic Buyer zusammengefasst. Hier liegt in der Kürze die Würze. Was ist das Wesentliche in der Ausgangssituation, die wahrgenommen wurde, was ist die Zielsetzung und der mögliche unternehmerische Mehrwert, der erreicht werden soll?
Ein weitere wichtige Frage während dieser Phase – die eingangs gestellte Frage „Willst du mit mir gehen?“ – wird hier in einem anderen Kontext gestellt und beantwortet. Ist ersichtlich, dass der Economic Buyer ein wirkliches Interesse an einem möglichen weiteren gemeinsamen Weg hat, in guten wie in schwierigen Zeiten? Kann sich der Berater vorstellen, das Unternehmen auf seinem Weg zu begleiten? Kurz gefasst: Passen Unternehmen, Economic Buyer und Berater zusammen?
Diese Frage ist nicht unerheblich, denn wenn sie nicht mit „Ja“ oder einem stark bejahenden „Vielleicht“ beantwortet werden kann, ist die Ausarbeitung eines Angebotes auf der Basis von Value-Based Fees nicht gerechtfertigt. Warum ist das so?
Value Based Fees machen Arbeit und Freude zugleich
Ein gutes Value-Based-Fees-Angebot macht Arbeit, und zwar richtig, jedoch auch sehr viel Freude und Spaß, weil etwas wirklich nachhaltig bewegt werden kann. Die Erstellung des Angebotes ist das Ergebnis umfassender Überlegungen. Mit welchen Ergebniskriterien kann die Zielsetzung des Auftrags und damit der gewünschte unternehmerische Mehrwert erreicht werden? Was muss gemacht werden, wie und welchen Einfluss nehmen die einzelnen Schritte auf das zu erreichende Ergebnis, sind diese Bausteine wirklich zielführend oder einfach nur Aktivitäten nach der Devise „Hauptsache, es tut sich irgendetwas“? Letztendlich läuft hier schon ein erster Projektablauf im Konzept ab.
Und wie das immer so ist, lauern auch hier Gefahren. Berater mit Erfahrung neigen oftmals dazu, ihren potenziellen Kunden genau zu erklären, wie sie was machen wollen – doch STOPP! Das „was“ und „wie“ kommt nicht in das Angebot, das ist die Expertise, die der Berater im Laufe des Projektes einbringt. Nebenbei bemerkt: Wie seriös ist es, wenn ein Berater heute schon im Detail weiß, welche Schritte er im Verlauf eines längeren Projektes wann und wie macht?
Das Hauptaugenmerk muss auf klar definierten Ergebniskriterien liegen und der Trennung zwischen Zielsetzung, Ergebniskriterien und unternehmerischem Mehrwert. Es lohnt sich hier, auch mit Abstand, immer wieder kritisch über die Teilbereiche zu schauen, um Redundanzen zu vermeiden.
Die hohe Kunst des Value-Based-Fee-Angebotes
Der Höhepunkt und damit auch die hohe Kunst des Valued-Based-Fees-Angebotes naht: die Festsetzung der Optionspreise. Ähnlich wie bei den früheren Freundschaftsanfragen gilt es hier, Optionen zu geben. Diese Optionen sollten Titel tragen, die den Kunden auf den ersten Blick erkennen lassen, was er von welcher Variante zu erwarten hat. Ähnlich wie im Reisebüro mit seinen „All inclusive“-Angeboten können alle etwas mit diesen Optionen anfangen. Die Höhe des Optionspreises richtet sich am unternehmerischen Mehrwert aus und ist ein prozentualer Anteil desselben. Ist man noch unerfahren in der Angebotserstellung kann es manchmal sehr schwer sein, den genauen unternehmerischen Mehrwert in Zahlen festzulegen.
Hier hilft die Frage: Was, glaube ich, ist die Erreichung der Zielsetzung des Auftrages dem Economic Buyer wert? Aber Achtung: Erliegen Sie nicht der Gefahr, jetzt durchzukalkulieren, wie viele Tage anzusetzen sind, welcher Tagessatz etc. Das sind alte Vorgehensweisen und nicht auf den Mehrwert für das Unternehmen ausgerichtet! Tatsächlich kann einem dieser Fehler anfänglich sehr schnell unterlaufen, denn die bisherigen Denkmuster müssen erst einmal verlernt werden.
Zum Abschluss noch kurz ein Blick auf den Kunden. Machen Sie ihm klar, dass Sie bisher nur positive Resonanz auf diese andere Art des Vorgehens und des Angebotes bekommen haben. Wichtig ist, bereits am Anfang klar zum Ausdruck zu bringen, was einen antreibt, wie man sich idealerweise die Zusammenarbeit vorstellt und wie die gemeinsame Definition für Erfolg aussieht. Es ist also eigentlich alles ganz einfach, wenn man für sich innere Klarheit hat und ein klares, deutliches und uneingeschränktes „Ja“ zu Valued Based Fees formuliert.