Nach dem Workshop fragt der Projektleiter des Kunden das übliche Feedback ab: „Wie fanden Sie die Runde heute? Es würde mich freuen, wenn jeder ein kurzes Statement zu dieser Frage abgeben könnte.“ Und schon beschleunigt sich der Pulsschlag des Beraters: „Hoffentlich gibt es keine allzu kritischen Meldungen“, denkt er sich. Und wenn doch welche kommen sollten, wird unser Berater peinlichst darauf achten, dass er sich beim nächsten Workshop so verhält, dass er keinen Anlass für weitere kritische Äußerungen gibt.
Die meisten Berater sind bereits geradezu darauf konditioniert, dafür zu sorgen, dass jeder Beteiligte bei einem Termin oder einem Workshop zufrieden ist. Sie suchen nach Anerkennung für ihre Arbeit, für das, was sie heute geleistet haben, und dafür, wie sie dabei vorgegangen sind. Denn worauf bezieht sich das Feedback der Teilnehmer in aller Regel? Natürlich auf das, was gemacht wurde, welche Methoden angewandt wurden, was dem Einzelnen besonders gut und was ihm weniger gut gefallen hat. Ist das wirklich wichtig?
Nein, denn das Bedürfnis nach Anerkennung entfaltet an dieser Stelle geradezu eine Bremswirkung: Es sorgt dafür, dass wir die notwendigen Dinge so tun, wie wir meinen, dass andere sie so gerne erleben oder sehen würden, und nicht so, wie es der Sache am zuträglichsten wäre.
Beispielsweise kommt ein Teilnehmer um die Ecke und sagt, ihm sei es wichtig, dass heute noch einmal über die Rolle des Projektmanagers diskutiert wird. Obwohl wir das momentan nicht für relevant halten, steht dieser Punkt plötzlich ebenfalls auf der Agenda. Warum? Weil wir gemocht werden wollen.
Oder in einem der ersten Workshops wird geäußert, dass es nicht gerade gelungen war, die Sache mit der Strategiediskussion durch ein Storytelling vorzubereiten, und es wird die Frage aufgeworfen, ob das wohl der richtige Ansatz sei. Und ruck, zuck nehmen wir Abstand davon, obwohl wir überzeugt sind, dass dies der richtige Weg zum Ziel ist.
Statt unseren ursprünglichen Plan durchzuziehen, diskutieren wir nun mit dem unzufriedenen Teilnehmer darüber, wie denn ein besserer Ansatz auszusehen habe. Das ist ein vollkommen falsches Vorgehen!
Üben Sie nicht Verrat an sich selbst wegen ein wenig situativer Harmoniebedürftigkeit! Das ist die falsche Art von Anerkennung. Wir wollen Anerkennung für Ergebnisse! Und großartige Ergebnisse für unsere Klienten erreichen wir nur, wenn wir unsere Expertise einbringen und an Stellen, wo es Widerstand gibt, diesen aushalten und sagen: „Das können Sie gerne so sehen, das ist Ihnen unbenommen. Aber wir machen das jetzt so, wie ich es sage, weil es – und das können Sie mir gerne glauben – in Ihrem Sinne ist! Vertrauen Sie mir!“
Wie immer in solchen Situationen werden Sie später Folgendes zu hören bekommen: „Das war echt nervig, was wir hier alles machen mussten, aber ich muss sagen: Es hat sich wirklich gelohnt! Das Ergebnis ist großartig! Ich hielt es am Anfang nicht im Entferntesten für möglich, dass wir zu solchen Resultaten kommen würden.“ Das ist die Anerkennung, die wir brauchen und die uns antreiben sollte.
Ihr Matthias Kolbusa