Der Unterschied zwischen erfolgreichen Beratern und denen, die auf der Stelle treten oder immer wieder in ein Loch fallen oder eine Krise durchmachen müssen, besteht darin, ob wir in uns investieren oder nicht.

Vorweg noch einmal, was einen erfolgreichen Berater auszeichnet:

Er ist maximal selbstbestimmt, insbesondere was sein Zeitmanagement betrifft, und generiert einen von seinen Klienten geschätzten Mehrwert, wobei er selber immer wertvoller wird.

Wertvoller werden wir Berater, indem unsere Bandbreite an Erfahrungen und Methoden immer größer wird und wir so im Sinne unserer Klienten zunehmend intelligenter und produktiver handeln.

Sprich: immer mehr Mehrwert auf immer effizientere Art in immer kürzerer Zeit liefern.

Dieser Prozess ist unendlich. Wer glaubt, nichts mehr dazulernen zu können, ist entweder erleuchtet oder schlichtweg arrogant.

Letzteres ist der wahrscheinlichere Fall.

Ein wunderbarer „Teufelskreislauf“: Mehr Mehrwert in immer kürzerer Zeit, was folglich auch mehr Umsatz bei zunehmend geringerem Aufwand bedeutet, schafft freie Zeit für Marketing und damit für mehr Kontakte.

Dieser „Engelskreislauf“ kann sich jedoch auch ganz schnell umkehren und zu einem wahrhaftigen „Vicious Circle“ werden: nämlich dann, wenn unsere Bandbreite nicht zunimmt und wir sehr speziell bleiben, was unsere Ausrichtung angeht und auch die Art, wie wir unsere Leistung erbringen.

Das bedeutet nichts anderes, als auf der Stelle zu treten und nicht zu wachsen: weder bezüglich des Umsatzes noch an Erfahrung oder Methodenbandbreite und ebenso wenig an Kontakten.

Vielmehr laufen wir sogar Gefahr, arrogant zu werden. Denn bekanntlich wissen wir, je mehr wir wissen, wie wenig wir wissen.

So kenne ich viele Berater, die in diesem Sinne arrogant und nicht erfolgreich sind.

Um diesem Teufelskreislauf zu entkommen beziehungsweise den eigenen „Engelskreislauf“ weiter in Schwung zu bringen, müssen wir investieren, und zwar in uns selber: in unsere Entwicklung, unsere Ausbildung und die Möglichkeiten, unseren Erfahrungsschatz zu erweitern.

Das Investieren bezieht sich dabei nicht nur auf finanzielle Mittel, sondern mindestens ebenso sehr auf den Zeiteinsatz.

Die Bereiche, in die jeder von uns investieren muss, verändern sich mit der Zeit und sind stark abhängig davon, in welcher Phase unserer Karriere beziehungsweise Entwicklung wir uns befinden. Daher an dieser Stelle lediglich einige Beispiele zur Anregung:

  • Welche angrenzenden Märkte oder Industrien, in denen ich noch nicht tätig bin, will ich betreten? Was muss ich mir dafür an Wissen aneignen? Wo bekomme ich dies am besten? Dabei sollten wir nie geizig sein! Nichts ist so teuer, wie billig einzukaufen. Das Einzige, was uns Berater auszeichnet, ist unsere Denkfabrik in unserem Kopf. Dieser Denkfabrik sollten wir nur das Beste zukommen lassen, es ist unser zentrales Kapital! Wenn es also darum geht, die Management­ Methodenkompetenz zu erweitern, warum nicht einmal sechs Wochen nach Harvard oder Stanford gehen? Warum hier sparsam sein?Wir müssen hier mehr wie ein Unternehmer denken und uns klar machen, dass ein hohes Investment auch einen hohen Return bringt. Um bei diesem Beispiel zu bleiben: Die 500 Euro für die IHK­ Ausbildung in Methodenkompetenz werden einen entsprechenden Return bringen, genauso wie die 50.000 Dollar für eine Harvard ­Ausbildung. Warum diesen Einsatz nicht fremdfinanzieren? Jeder kluge Unternehmensmanager denkt so, Berater in Bezug auf sich selber jedoch seltsamerweise nicht. Ich habe im Laufe der letzten zehn Jahre mehrere hunderttausend Euro in meine Ausbildung investiert. Denken Sie groß!
  • Wo müssen Sie sich persönlich weiterentwickeln oder Hürden aus dem Weg räumen? Ich hatte lange damit zu kämpfen, dass ich Angst davor hatte zu scheitern, Angst davor, nicht die Anerkennung zu bekommen, die ich mir für meine Arbeit wünsche. Das führte dazu, dass ich mich zu häufig „verrückt“ gemacht habe.Das kostete unendlich viel emotionale Energie: völlig unproduktive, im wahrsten Sinne des Wortes verschwendete Energie. Also galt es, einen guten Psychotherapeuten (auch hier ist zu beachten: Nur die Besten sind gut genug!) zu finden. Über ihn gelangte ich zu einem exzellenten Hypnotiseur, und nach zwei Jahren war die Sache erledigt! Ein Investment ganz anderer Art.

Wie gesagt: Es geht hier lediglich um Beispiele, die Sie dazu anregen sollen, darüber nachzudenken, in welchen Bereichen Sie welche Investitionen vornehmen sollten.

Eine letzte Anregung: Je reifer und gelassener wir sind, desto wertvoller werden wir für unsere Klienten, denn umso intelligenter und erfahrener agieren wir bei unseren Projekten und umso sicherer erreichen wir die angestrebten Ergebnisse.

In was müssen Sie investieren, um Ihre Weisheit und Gelassenheit zu entwickeln? Eine Woche Schweigekloster? Das Lesen philosophischer Bücher, um anschließend darüber nachzudenken, selber zu schreiben? Meditation? All das sind Investitionen in Sie selbst!

Generalist – Tante Emma oder Entscheidung

In der Industrie ist es tatsächlich so: In immer mehr Geschäftsfeldern und Geschäftsmodellen verbirgt sich der Erfolg in der Spezialisierung.

Diese Erkenntnis auf die Beratung zu übertragen ist jedoch ein falsches Vorgehen, das erhebliche Gefahren birgt, da wir uns in einer Nische einrichten, uns von ihr abhängig machen und Scheuklappen entwickeln könnten.

Wir machen alles, was wir hören, zu einem NLP ­Problem, einer SixSigma­ Herausforderung, einem Mediationsproblem etc.

So ist es nicht verwunderlich, dass unsere Klienten uns dann in eine ganz bestimmte Ecke stellen: „Nein, mit Herr Meier brauchen Sie darüber nicht zu reden, der hat davon keine Ahnung. Der ist ein SixSigma­Experte!“

Und – zack! – sind wir aus dem Rennen, wenn es um ein bestimmtes Problem oder Thema geht. Auch dann, wenn wir bei diesem Problem oder Thema sehr wohl helfen könnten.

Doch unsere Positionierung und unsere Ausbildung lassen das schlichtweg nicht zu. Wir haben nicht in uns investiert, wir haben uns nicht entwickelt (siehe Hauptartikel oben).

So berauben wir uns, trotz des Potenzials, das wir in anderen Bereichen hätten, zahlreicher Möglichkeiten, unseren Klienten zu
helfen.

Und nicht nur das: Durch eine zu hohe Spezialisierung beraten wir unsere Klienten auch falsch, weil wir alles durch eine ganz bestimmte Brille sehen und bei jeder Herausforderung meinen, mit dem gewohnten Hammer zuschlagen zu müssen.

Wir haben nicht die Fähigkeit, ein Problem aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, um zu erkennen, dass es sich hier nicht um ein Vertriebsproblem, sondern ein Produktportfolio­ Thema oder ein Prozessproblem im Innovationsmanagement handelt – oder gar um eines in der strategischen Ausrichtung.

Diese differenzierte Sicht macht uns als Berater erst wirklich erfolgreich. Dafür werden wir geschätzt, weil wir eben aus sehr unterschiedlichen Sichten mit ganz verschiedenen Ansätzen Lösungsmöglichkeiten aufdecken, auf die man ohne uns nicht kommen würde. Das ist es, warum Generalisten die geschätzten Gesprächspartner für Manager, unsere Klienten, sind.

Ganz im Sinne des Hauptartikels gilt es somit, sich regelmäßig wie eine Schlange zu häuten und alle zwei oder spätestens drei Jahre einen Sprung zu machen: einen Sprung in ein anderes Gebiet. Das mag eine andere Fachdimension, eine andere Branche, ein anderes Land, ein anderes Fachressort sein.

Nur so entwickeln wir die unterschiedlichen Erfahrungssätze und Bandbreiten, mit denen wir nicht Gefahr laufen, in eine Spezialisten ­Sackgasse zu geraten, aus der wir – unter Umständen sogar marktbedingt (weil SixSigma auf einmal kein Thema mehr ist; seit Neuestem ist alles „Lean“) – nicht mehr herauskommen, und auf einmal ein Positionierungsproblem zu haben.

Warum Elefanten die besten Berater sind

Elefanten wird nachgesagt, dass sie ein „dickes Fell“ haben. Doch genau das haben sie nicht: Ihr Fell ist sogar sehr dünn. Und das, was wir im übertragenen Sinne damit meinen, wenn wir sagen, man müsse sich ein dickes Fell zulegen, um damit zum Ausdruck zu bringen, emotional unempfindlich zu werden, trifft auf sie ebenfalls nicht zu: Elefanten sind ausgesprochen sensibel.

Sie registrieren alles, was um sie herum geschieht, achten aufeinander und führen so den Spruch, sich wie ein Elefant im Porzellanladen zu verhalten, ad absurdum. Einen interessanten Artikel darüber finden sie hier.

Dennoch beeindrucken sie durch ihre Größe, halten Räuber und Gefahren fern oder im Zaum.

Meiner Wahrnehmung nach sind exzellente Berater wie Elefanten: Sie strahlen Größe aus, verfügen über ein gewisses Maß an Weisheit und Themenbreite und sind dabei höchst empfindsam.

Gerade diese hohe Empfindsamkeit ist es, die uns so wertvoll macht. Wir nehmen wahr, was wo nicht funktioniert, wo die Chemie nicht stimmt, wo es in der Führung hakt, was die wahren Probleme sind.

Ohne Porzellan zu zerschlagen, finden wir die richtigen Zugänge, die richtige Art und die richtigen Worte, um Probleme intelligent anzusprechen und zu lösen.

Die Kehrseite der Medaille: Diese Empfindsamkeit führt zu einer hohen Verletzlichkeit. Das ist der Preis! Sich dagegen ein dickes Fell zuzulegen ist nicht mehr als ein blöder Spruch. Er ist ebenso sinnentleert und falsch wie die Annahme, ein Elefant habe ein dickes Fell.

Wenn wir diese Eigenschaften haben, werden wir automatisch auch leiden: leiden unter mangelnder Anerkennung, leiden unter Kritik, leiden unter den politischen Spielchen, in die wir manchmal geraten.

Diese Emotionen kann man nicht einfach abstellen – und könnten wir es, so würden wir ihre positiven Aspekte nutzlos verschenken: die Sensibilität und das Gespür für das Wesentliche.

Also vergessen Sie, sich ein dickes Fell zulegen zu wollen, sondern schulen Sie sich immer wieder aufs Neue in Souveränität: Emotionen wie Scham, Schuld und Verzweiflung kann man nicht verhindern.

Deren Unterdrückung würde lediglich zu aufgestauter Frustration und Verzweiflung führen, die sich irgendwann anderweitig entladen. Wir müssen uns darin üben, diese Emotionen wahrzunehmen, sie anzunehmen und gekonnt mit ihnen umzugehen.

Praktisch bedeutet dies: Fühlen wir uns schuldig oder schämen uns gar, weil ein Workshop oder eine bestimmte Projektphase nicht gut gelaufen ist, dann nehmen wir diese Emotionen an. Betrachten Sie sie und legen Sie sie zu den Akten. Sie werden weder unterdrückt noch schöngeredet!

Gibt es Kritik, so sehen wir uns diese an, versuchen sie im Sinne eines Erkenntnisgewinns zu reflektieren, und ist dies nicht möglich, weil sie tatsächlich ungerechtfertigt ist, dann äußern wir dies, regen uns aber nicht darüber auf – und schon gar nicht, wenn wir längst zu Hause sind.

Written by : Matthias Kolbusa

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