Vor einigen Jahren bekam ich einen Anruf von einer Luftfahrtgesellschaft. Der Mann am anderen Ende der Leitung sagte:

 

„Herr Kolbusa, wir müssen bei uns im Passenger-Bereich ein anderes Leadership-System einführen. Wir haben Ihre Whitepapers zu diesem Thema gelesen und würden gerne mit Ihnen arbeiten.“

Eine solche Anfrage ist für einen Berater ein wahr gewordener Traum. Wir werden ohne unser unmittelbares Zutun zu einem konkreten Projektgespräch gebeten, wo wir doch für gewöhnlich schon um einen Termin kämpfen müssen, der nur dem ersten Kennenlernen dient. Auch das hätten wir als Profis natürlich drauf. Aber schöner ist es doch, offene Türen einzurennen, die andernfalls maximal einen Spalt weit geöffnet werden, weil wir zufällig die richtige Melodie und den passenden Takt beim Anklopfen gefunden haben.Sollte Ihnen etwas Vergleichbares passieren, gratuliere ich Ihnen. Freuen Sie sich zu Recht über diese Spitzengelegenheit, aber werden Sie nicht übermütig. Manchmal ist die Welt zu schön, um wahr, oder zu wahr, um schön zu sein. Wenn es derart verlockend ist, heißt es erst einmal, kühlen Kopf zu bewahren – vorsichtige Freude ja, ungebremste Euphorie lieber nicht.

Unsere nächste Aufgabe ist, ganz bewusst zu checken, ob unsere Kontaktperson auch der Economic Buyer ist. Besitzt sie tatsächlich die Entscheidungshoheit und/oder die notwendige Budgetverantwortung?

Nur über die Entscheider

Falls dem nicht so ist, könnte sich unsere Begeisterung schneller in Luft auflösen, als wir denken. Wenn ein Engagement manifest werden soll, führt kein Weg an den wirklichen Entscheidern vorbei. Um festzustellen, ob wir es im vorliegenden Fall mit einer entsprechenden Person zu tun haben, müssen wir ihr am Telefon vorsichtig, aber zielstrebig auf den Zahn fühlen. Wir können zum Beispiel eine Rückfrage stellen, um herauszufinden, wer der Economic Buyer ist.Hier ein fiktives Gesprächsprotokoll zu diesem Punkt:

  • Wer muss eigentlich noch mit uns am Tisch sitzen beziehungsweise hinter diesem Projekt stehen? Wer ist derjenige, der das, was wir entwickeln, gut findet und unterstützt?“
  • „Oh, da müssen wir zumindest meine Chefin mit dabeihaben. Sie ist die Leiterin ‚Change Programme Management‘. Ich stelle gern den Kontakt zu ihr her.“
  • „Was halten Sie davon, wenn wir einen Telefontermin vereinbaren, bei dem wir beide mit dieser Dame die wesentlichen Parameter des Projekts durchsprechen?“
  • „Ja, sehr gerne.“

Warum ein Telefontermin? Mit Economic Buyern müssen wir eigentlich unbedingt Termine ausmachen, bei denen wir uns persönlich begegnen, und keine Telefontermine.

  • Wenn mich ein Beraterkollege oder eine Kollegin fragt „Soll ich jetzt extra nach Wien fliegen, um einen Termin wahrzunehmen?“, dann rate ich dringend dazu, denn Beziehungen entstehen nicht am Telefon. Vergessen wir nicht: Als Unternehmer müssen wir investieren.
  • Wenn ich mir jedoch nicht sicher bin, ob die Person tatsächlich ein Economic Buyer ist, schalte ich für gewöhnlich einen Telefontermin vorweg.

So auch in diesem Fall: Der anrufende Projektleiter war sich offensichtlich nicht sicher, dass die Leiterin „Change Programme Management“ tatsächlich über das Projekt entscheiden konnte.

Termine machen wir nur mit Economic Buyern und mit niemandem sonst!

Warum Berater nur mit Economic Buyern sprechen sollten

Bildquelle: AdobeStock Drobst Dean

Wenn andere Personen zugegen sind, ist das vollkommen in Ordnung. Aber es ist höchst ineffektiv, zunächst ein Meeting mit einem Projektleiter (Non-Economic Buyer) zu vereinbaren, um mit ihm das Treffen mit der Leiterin „Change Programme Management“ (womöglich ebenfalls Non-Economic Buyer) vorzubereiten, die uns bei entsprechendem Wohlwollen anschließend dem Economic Buyer (etwa dem CFO) vorstellt, dem wir das Gleiche zum dritten Mal erzählen müssen.

Nur über die Entscheider

Als ich beim Telefonat mit der Leiterin „Change Programme Management“ fragte, wer eigentlich der größte Nutznießer bei diesem Projekt sei, stellte sich heraus, dass dies der Vorstand „Passenger“ und dessen Bereichsleiter waren. Also machte ich einen Vorschlag.

 

„Was halten Sie davon, wenn wir das Projekt mit diesem Vorstand durchdiskutieren? Denn selbst wenn Sie und ich Einigkeit darüber erzielen, was die Situation, Ziele, Ergebniskriterien und Ergebnisse angeht, ist ja nicht gesagt, dass der Vorstand das genauso sieht.“

Im Zweifelsfall veranstalten wir möglicherweise sogar einen gemeinsamen Workshop. Dann entwickelt sich auch die Beziehung mit dem Economic Buyer.

Machen wir uns dieses Prinzip immer wieder klar und beachten: Die Sprache ist auch hier alles. Es geht nicht darum, die Non-Economic Buyer zu verprellen und ihnen das miese Gefühl zu geben, dass wir uns nicht mit ihnen abgeben möchten. Ganz im Gegenteil, denn im Projekt selbst, bei der Leistungserbringung im Unternehmen, brauchen wir diese Personen unbedingt, um erfolgreich zu sein. Sie können und sollen gerne dabei sein, wenn es darum geht, sich gemeinsam um eine Auftragsklärung zu bemühen. Aber wir können dies nicht nur mit ihnen machen, weil sie keine Aufträge vergeben können.

Nicht über Bande spielen

Aus eigener leidvoller Erfahrung kann ich noch Folgendes berichten:

Der indirekte Informationsfluss an Economic Buyer geht in der Regel schief.

Verlassen wir uns nicht auf Mittelsmänner und Mittelsfrauen. Das ist wie mit der stillen Post: Was wir sagen, kommt garantiert nicht eins zu eins beim Economic Buyer an. Wir sind die Experten und können dies am besten selbst zur richtigen Person transportieren. Wenn wir über Bande spielen, haben wir keinerlei Kontrolle über interne Interessen und politische Spielchen und müssen immer damit rechnen, dass entweder gar nichts oder – selbst bei gutem Willen – zu wenig und womöglich das Falsche bei unserer Schlüsselfigur ankommt. Ist dem dann tatsächlich so, erleben wir eine herbe Enttäuschung, die wir uns bei korrektem Vorgehen erspart hätten.

Matthias Kolbusa

Written by : Matthias Kolbusa

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