Wollen wir nicht auf einem Success-Plateau verweilen, von dem jeder von uns früher oder später abstürzt oder auf dem wir es uns derart gemütlich einrichten, dass wir irgendwann zu der Art von Beratern zählen, die genau zu wissen meint, was richtig ist: nämlich der eine Weg, die eine Vorgehensweise, die wir seit Jahren praktizieren.Nicht nur in diesem Zusammenhang – aber hier besonders augenfällig – ist Perfektionismus keine Tugend, sondern eine Schwäche. Häufig ist er ein Zeichen dafür, dass man unfähig ist, mit Unschärfe und Unsicherheit umzugehen. Und in den meisten Fällen reitet man damit gegen Windmühlen an.

Durch Perfektionismus werden erhebliche Ressourcen verschwendet und enorme Produktivitätspotenziale außer Acht gelassen, und meist wird weit unterhalb der eigentlich möglichen Geschwindigkeit gearbeitet. Das gilt sowohl für die Projektarbeit als auch für das Selbstmanagement.

Perfektionismusfallen in der Beratung

Warum Perfektionismus keine Tugend ist

Bildquelle: AdobeStock boris kuznets/EyeEM

Sicherlich hat jeder von uns seine persönlichen „Lieblinge“, mit denen er seine Zeit vertrödelt, weil er den Heiligen Gral sucht, obwohl es auch ein triviales Weinglas täte. Der Rotwein schmeckt aus dem einen wie dem anderen Gefäß gleich gut. Ich selbst habe bei meinen diversen Häutungen zahlreiche Perfektionismusmacken abgelegt, die mir heute bei vielen Kollegen auffallen.

Das ist kein Grund, hochnäsig zu sein, denn etwas nicht nur vorzüglich, sondern perfekt machen zu wollen ist eine normale menschliche Neigung, und auch ich war lange nicht dagegen gefeit.Überprüfen Sie sich doch einmal selbst im Hinblick darauf, in welche der folgenden Perfektionismusfallen Sie immer wieder tappen. Nach meiner Beobachtung gibt es unzählige Situationen, bei denen Perfektionismus eine große Rolle spielt und erhebliche negative Wirkungen entfaltet. Die größten Fallen sind folgende:

Präsentationen: Bereits mehrere Tage vor der Sitzung wird damit begonnen, an einer Präsentation zu arbeiten. Ganze Stäbe und diverse Berater sind damit beschäftigt, passende Grafiken und Bilder herauszusuchen. Das mag im Vertrieb seinen Sinn haben, aber im Projekt ist es nichts anderes als eine unglaubliche Zeit- und Ressourcenverschwendung. Warum nicht in einem Prosatext (Prosa zwingt zum Denken und vermittelt Inhalte wesentlich präziser!) den aktuellen Stand zusammenfassen und die fünf Entscheidungserfordernisse auf einem Flipchart skizzieren? Das war’s mit der Vorbereitung – und nun wieder ran an die eigentliche Arbeit!

Analysen: 80 Prozent der Analysen kann man sich getrost schenken, da man sowieso weiß, was bei ihnen herauskommen wird. Daher sind die mit der Analyse betrauten internen Projektleiter, Mitarbeiter und auch Berater nicht selten frustriert, wenn sie sich nach tage- oder gar wochenlanger Analysearbeit bei der Präsentation der Ergebnisse anhören müssen: „Das hätte ich Ihnen auch vorher sagen können!“ Die Früchte dieser Arbeit sind also in Wahrheit gar keine, denn es kam zu keinerlei zusätzlichem Erkenntnisgewinn.

Befragungen: Die meisten Befragungen und ihre Auswertungen sind überflüssig. Sie werden durchgeführt, um sich selbst vor einer Entscheidung zu drücken.

E-Mails: Ein weniger bedeutender, aber dennoch nicht unerheblicher Aspekt in diesem Kontext ist das Schreiben und Beantworten von E-Mails. Warum jemandem ausführlich schreiben, wenn man etwas für den Vortag Vereinbartes nicht bekommen hat? Ich klicke kurzerhand auf „Allen antworten“ und füge in das Textfeld lediglich „??“ ein. Der Betreffende weiß dann schon sehr genau, was gemeint ist. Sie empfinden das als unhöflich? Ich nicht, denn derjenige, der sich an eine Vereinbarung nicht gehalten hat, ist es, der sich unhöflich verhalten hat.

Besprechungen: Was hat Perfektionismus mit Besprechungen zu tun? Ganz einfach: Viel zu häufig meint man, alles im Detail besprechen oder auch jeden Redebeitrag zulassen zu müssen. Aber was davon ist wirklich notwendig, um gemeinsam eine Entscheidung treffen zu können? Nicht jedes Detail ist wichtig, und in vielen Beiträgen wird lediglich eine bereits zuvor geäußerte Meinung wiederholt.

Planung: Sie ist kein wertschöpfender Akt, sondern nur ein Mittel zum Zweck. Wichtig ist es, sich eine Struktur zu geben und Prozesse zu verordnen, um seinen Zielen näher zu kommen. Aber es braucht keine Meilensteine und keine Langfristpläne und keine detaillierten Arbeitspaket-Beschreibungen. Denn erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Entscheidend ist, für die kommenden vier bis sechs Wochen zu wissen, was zu tun ist, und dann wertschöpfend zu arbeiten! Planung ist notwendig, keine Frage, aber Planung und Kontrolle an sich sind, ich wiederhole es, keine wertschöpfenden Akte. Halten Sie ihr Ausmaß daher so gering wie nötig!

Zweifach besser ohne Perfektion

All diese Perfektionsauswüchse sind nichts anderes als das reflexhafte Bedürfnis nach der absoluten Sicherheit, das Richtige zu tun bzw. nichts falsch zu machen! Ihr zusätzlicher Benefit: Die Arbeit an sich selbst schärft Ihr Auge auch dafür, was bei Ihren Klienten alles schiefläuft. Denn auch die bekommen die PS nicht auf die Straße, weil sie es zu perfekt machen wollen.

Geben Sie also Gas und produzieren Sie mehr Ergebnisse, als Sie je für möglich gehalten haben.

Ihr

Matthias Kolbusa

Written by : Matthias Kolbusa

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