Immer wieder lesen wir Statistiken, in denen der Erfolg von Beratungsprojekten in Zweifel gezogen wird. Je„weicher“ dabei die Projektart ist, desto schlechter ist in der Regel das Testat für uns Berater.

So liegen die Strategie- und Veränderungsprojekte eher am negativen Ende, Reorganisations- und Optimierungsvorhaben (ob Kundenservice, Vertrieb, etc.) in der Mitte und im zufriedeneren Bereich die „harten“ Dinge, wie u.a. bestimmte Projekteinführungen oder Einkaufsprojekte.

Liegt es daran, dass wir die eher weicheren und komplexeren Themen nicht wirklich beherrschen? Ich glaube nicht.

Der Grund, dass gerade komplexere Projekte, wie beispielsweise die Optimierung der Vertriebsstrukturen oder insbesondere Change-Projekte, die neben einer fachlichen auch eine hohe sozial-emotionale Komplexität aufweisen, scheitern, liegt nicht in der Kompetenz des Beraters oder der unzureichenden Bereitschaft oder Fähigkeit des Klienten.

Zumindest nicht direkt.

Meist ist so, dass bei diesen Projekten von Anbeginn nicht wirklich klar ist, was eigentlich warum erreicht werden soll.

Da wird auf die Aufforderung eines Klienten man brauche ein CRM-System fröhlich mit Spezifikation und Einführung losgelegt, um später viel Unzufriedenheit zu erleben, da die Kundenabwanderung immer noch zu hoch ist und die Zufriedenheit der Kunden mit dem Service auch nicht steigt.

Diagnose: Projekt gescheitert! Oder ein Kunden sagt Ihnen, dass der Vertrieb neu zu strukturieren ist. Sie analysieren, bewerten, finden eine bessere Vertriebsstruktur und optimieren das Vertriebssteuerungssystem. Und dennoch: Unzufriedenheit! Der Umsatz geht weiter runter.

Sie ahnen es schon: Die Projekte waren mit Sicherheit nicht schlecht – weder die CRM-Einführung noch die Optimierung der Vertriebsstrukturen. Aber es hat eben nicht das gebracht, was man sich seitens des Klienten erwartet hat.

Und das, obwohl wir genau das getan haben, was gewünscht war!

Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer begraben:

Kunden wissen meist, was sie wollen, aber selten, was sie brauchen.

Die Projekte sind nicht wirklich gescheitert. Sie haben „nur“ ihren Zweck nicht erfüllt. Konnten sie auch nicht, denn den haben wir gar nicht hinterfragt!

Und hier sind es eben doch wir Berater, die einen Fehler gemacht haben. Zu freudig oder zu„hörig“ sind wir, wenn uns ein Klient nach einem Vortrag oder bei anderer Gelegenheit fragt:

„Herr Kolbusa,spannend was Sie da erzählt haben! Genau da müssen wir bei uns auch ran! Es gilt dringend, die gesamte Vertriebsstruktur zu überarbeiten.“

Stolz über die Anerkennung und froh, einen neuen Kunden gewonnen zuhaben, finden wir uns Sekunden oder Tage später in einem Gespräch wieder, bei dem wir mit all unserer Kompetenz verstehen wollen, wie die Vertriebsstruktur im Moment ist – wie sie gesteuert wird, was die einzelnen Rollen und Kompetenzen sind und wie sich das Zusammenspiel darstellt.

Größe, Komplexität und Ziel sind erfasst und 1-2-3 ist das Angebot abgegeben. Schon vier Tage später erfolgt die Zusage. Es geht ans Werk!

Die zentrale Frage bei jeder Kundenanfrage heißt „Wozu?“

Ein Werk, das auf Misserfolg programmiert ist. Denn obwohl wir nach sechs Monaten alles erreicht haben und das sogar in der vorgesehenen Zeit, die vereinbart war, ist die Unzufriedenheit groß.

Der Umsatz ist weiter zurückgegangen und die Motivation in der Vertriebsmannschaft ist niedriger als zuvor. Sie kriegen diese Kritik zuhören, werden bezahlt und ziehen von dannen.

Ein weiteres gescheitertes Projekt für die Statistik. Wirklich gescheitert? Ansichtssache! Dass der Grund für den Umsatzrückgang in Wirklichkeit eine Mixtur aus Defiziten im Produktportfolio und einer veränderten Nachfragestruktur ist und die Motivation der Vertriebsmannschaft im Selbstverständnis einiger Vertriebsleiter vergraben ist, war eben nicht offensichtlich.

Das ist zum einen unser Fehler und zum anderen auch eine vergebene Wachstumschance. Der Fehler: Zu schnell springen wir auf das an, was nach der Überzeugung des Kunden zu tun ist.

Die zentrale Frage bei jeder Anfrage: „Wozu?“. „Wozu wollen Sie den Verrieb neu strukturieren?“ „Weil der Umsatz zurückgegangen ist.“ „Und wieso glauben Sie, dies mit einer Umstrukturierung beheben zu können?“

„Das war vor 5 Jahren in den USA genau dasselbe Thema!“ Und da ist es, das Erfahrungsgefängnis, das das Scheitern programmiert hat.

Jetzt hätten Sie alle Möglichkeiten der Welt, ein Projekt aufzusetzen, welches aus der Sicht aller erfolgreich wird! Lassen Sie sich durch konkrete Anfragen oder Vorgehensweisen, die Sie lieben und wo Sie sich auskennen, nicht in die Irre führen.

Hinterfragen Sie immer das Wozu und stellen Sie Ihre Scheuklappen dann auf „ultra-wide“. Prüfen Sie, welche Möglichkeiten es noch gibt, das Problem zu lösen. Es gibt immer mehr als Sie denken. Und wenn es eine ist, wo Sie sich noch nicht auskennen, dann haben Sie eine wunderbare Entwicklungschance für sich selber und Ihre eigene Kompetenzerweiterung.

Ich habe ein bestimmtes Frage-Set für mich entwickelt, das ich bei der Auftragsanbahnung nutze, um sicherzustellen mit den richtigen Leuten über die richtigen Themen zu sprechen, sodass ein Engagement nicht auf Misserfolg programmiert wird.

Wer Interesse daran hat, schreibt mir eine kurze Nachricht.

Wer sich nicht häutet, verkümmert.

Bei einem meiner letzten 1-tägigen Million-Dollar-Workshops, bei denen ich die Kernprinzipien erfolgreicher Beratung (Akquise, Erstgespräche, Value Based Fees, etc.) vermittele, fragte mich eine Teilnehmerin, wie ich es denn geschafft hätte von der IT-Beratung zur Prozessberatung, dann zur Strategieberatung und zur Change-Beratung zu kommen und wieso ich heute IT- und Prozessberatung nicht mehr mache?

Sie selbst würde seit 12 Jahren Führungskräfteentwicklung machen und gerne Change- oder auch Strategieprojekte machen, hätte aber keine Idee, wie sie das anstellen soll. Ich werde es mit ein paar Zeilen nicht schaffen dies umfänglich zu vermitteln. Einige Anregungen sollten jedoch gelingen.

Natürlich stellt sich sofort die Frage nach dem „Wieso“ überhaupt? Kurz: Wer sich nicht weiterentwickelt verkümmert – unweigerlich! Meiner Überzeugung nach sollten wir uns alle drei Jahre ein Stück weit neu erfunden haben.

Wenn Sie heute noch mit derselben Art von Kunden zu denselben Themen Ihren Umsatz bestreiten wie vor drei Jahren, machen Sie etwas falsch bzw. Sie verpassen einfach etwas.

Meiner eigenen Erfahrung nach dauert es ungefähr 3 Jahre, bis man sich in einem Thema wirklich gut auskennt.

So kann also alle 3 Jahre ein neues Feld dazukommen – ob nun eine neue Branche, ein neues Land, eine andere Zielgruppe oder ein anderes Thema.

Es gilt sich alle drei Jahre wir eine Schlange zu häuten. D.h. nicht alles über Bord zuwerfen, sondern Dinge hinter sich zu lassen, um Neue in Angriff zu nehmen. Wer nichts loslässt kann nichts Neues anfangen.

Wie wollen Sie eine zusätzliche Tasche in die Hand nehmen, wenn sie schon die Hände voll haben. So einfach ist das!

Neben der Tatsache, dass dies grundsätzlich verhindert zum Fachidioten zu werden, hat es zwei unschlagbare Vorteile: Zum einen stützt es Ihre Unabhängigkeit bzw. Akquisefähigkeit.

Gerade wenn Sie auf einem Spezialgebiet unterwegs sind, können Sie sich sicher sein, dass es irgendwann überholt ist.

Nur ein Beispiel: Vor 10 Jahren gab es so etwas wie EFQM, dann SixSigma – von beidem will die Welt heute nur noch wenig hören, da alles„Lean“ ist.

Zum zweiten werden wir für unsere Klienten umso nutzen stiftender und wertvoller, je mehr wir gesehen, verstanden und erfahren haben.

Unsere Bandbreite ist viel größer, als dass wir Gefahr laufen unsere Klienten, insbesondere auch in der Auftragsanbahnung, falsch zu beraten. Ansonsten haben wir, wie in dem obigen Artikel mit dem Projekt der Vertriebsneustrukturierung, so nicht die Neigung alles für einen Nagel zu halten.

Wenn einem das klar ist, wie ist vorzugehen? Wichtig ist, dass Sie sich und Ihr Geschäft mit etwas weiterentwickeln, wofür Sie Leidenschaft haben!

Es bringt nichts auf Steigerung von Kundenbindung oder die Strategieentwicklung zu setzen, bloß weil Sie dort einen Bedarf sehen. Sind Markt und Leidenschaft gegeben –was dann?

Holen Sie sich einen sprichwörtlichen halben Meter Buch und lesen Sie sich ein! Es gibt keinen einfacheren Weg.

Sie werden es noch nicht schaffen, Ihre eigenen Vorgehensmodelle zu entwickeln mit denen Sie dann wirklich glänzen und performen. Das wird 1-2 Jahre dauern.

Suchen Sie sich entweder in den Büchern oder in Fleisch und Blut einen Mentor, den Sie bei Ihren ersten Engagements kopieren. Alle großen Künstler, von Michelangelo über van Gogh bis hin zu Picasso, haben damit gestartet, dass sie andere Meister kopiert haben.

Mit der Zeit entwickelt sich dann der eigene Stil und man fängt an seinen eigenen Weg zu gehen.

Wichtig ist, dass Sie anfangen zu gehen!  Was mich direkt zu dem nächsten Artikel unten führt: Nicht Wissen, Glaube ist Macht.

Nicht wissen, Glaube ist Macht.

Wenn nicht wir an uns glauben, wer dann? Gerade wenn wir in diesem wunderbaren Beruf des Beraters neustarten oder uns „häuten“ und weiterentwickeln, brauchen wir zwar auch Wissen, aber mit Wissen allein gewinnen wir keinen Blumentopf.

Wir müssen glauben! Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich aus dem IT-Feld kommend Anfang der 2000er mein erstes Prozessoptimierungsprojekt akquiriert habe. Ich hatte keine Erfahrung auf diesem Feld.

Ich habe mich eingelesen und eine Vorstellung davon entwickelt, wie ich dem Unternehmen, einem großen Telekommunikationskonzern, helfen kann seine Abrechnungsprozesse in den Griff zu bekommen.

Und das ist der Punkt: Ihre eigene Vorstellung, Ihre Überzeugung ist das entscheidende!

Nur wenn Sie den Glauben und für sich die tiefe Überzeugung entwickelt haben, dass Sie das können, wird auch Ihr Klient das Vertrauen in Sie haben.

Und wie mache ich das heute? Ich spinne! Ich stelle mir vor, wie etwas laufen wird, was die Themen und was die Schwierigkeiten sein werden, mit denen ich dort zu kämpfen haben werde.

Ich durchlaufe dieses Kopfkino, setze mich mit den Dingen auseinander, die ich dabei „sehe“, – so lange, bis ich mich wohl fühle. Wohl wissend, dass es nachher ganz anders kommen wird! Aber das spielt keine Rolle.

Und dann muss es ernst werden und Sie werden Ihre ersten 1-2 Projekte auf neuem Terrain machen. Vielleicht mehr schlecht als recht.

Aber eine Katastrophe wird es, wenn Sie das vorher wirklich „durchgesponnen“ haben, auf keinen Fall. Während Sie unterwegs sind, wird es anstrengende Momente geben und Jahre später werden Sie auch über Ihre Erstprojekte in dem neuen Umfeld lachen.

Aber sie waren gut und notwendig, um zu dem zu werden, was Sie heute wissen und können. Auf zu neuen Ufern!

Written by : Matthias Kolbusa

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