Hin und wieder spüre ich, dass es mal wieder Zeit wird, mich mit den Basics meiner Arbeit auseinanderzusetzen. Für mich hat das etwas damit zu tun, „mich zu erden“. Obwohl ich schon vieles erlebt und gemacht habe und obwohl ich sehr reflektiert in den meisten Dingen bin, laufe auch ich alle paar Monate Gefahr, dass sich ein gewisser Hang zur Routine einstellt. Nicht die üble Routine, bei der man meint, alle Engagements nach Schema F durchziehen zu können, aber doch eine gewisse Gefahr, eine großartige Idee für meinen Kunden zu übersehen, weil meine Wachsamkeit nachgelassen hat.

Wenn es wieder einmal so weit ist, gehe ich in Gedanken zurück zu meinen Anfängen. Ich erinnere mich erstens daran, warum ich Berater wurde, und zweitens, warum ich nach einiger Zeit als Unternehmer mit festangestellten Beratern und Freelancern den Weg in die Soloselbstständigkeit gewählt habe. Kurz gesagt habe ich festgestellt, dass die meisten Menschen, mit denen ich zusammenarbeitete, zwar prima Berater, aber keine guten Verkäufer waren. Es war verdammt schwer, Kolleginnen und Kollegen zu finden, die beides gleichermaßen beherrschten. Und so fand ich mich im Vertrieb festgenagelt, obwohl meine Leidenschaft doch eigentlich dem Consulting galt. Das musste ein Ende haben, und ich habe meine entsprechende Entscheidung nie bereut.

Was sind die Basics, von denen ich spreche?

Jeder erfolgreiche Consultant verfügt über ein umfangreiches Know-how, kennt die verschiedensten Methoden und besitzt einen wertvollen Erfahrungsschatz. Doch darum geht es nicht in der Beratung. Wissen, Erfahrungen und Methoden sind Dinge, die sich jeder Mensch aneignen kann, wenn er das möchte. Das macht ihn jedoch nicht automatisch zu einem guten Berater.

Weitaus entscheidender sind unsere Persönlichkeit, unsere Werte, unser Selbstverständnis und unser Selbstwert.

  • Aus welcher Haltung heraus agieren wir? Möchten wir in der Akquise Umsatz machen, oder streben wir danach, unserem Kunden bestmöglich zu helfen?
  • Agieren wir im Projekt, um gemocht zu werden, oder wollen wir das Vorhaben so klug und effizient voranbringen wie möglich?

Derlei zentrale Fragen gibt es noch viele mehr. Wenn Sie sie beantworten, reift eine Einsicht:

Consulting ist nicht in erster Linie ein Wissens-, sondern vielmehr ein People-Business mit einigen Voraussetzungen, die den Erfolg nicht allein ausmachen, ihn jedoch stark begünstigen:

  • Wir Berater brauchen Vertrauen in uns selbst.
  • Wir müssen davon überzeugt sein, dass wir anderen helfen können.
  • Wir müssen der festen Überzeugung sein, dass wir ein Projekt führen können, auch wenn das betreffende Thema Neuland für uns ist.
  • Wir müssen klare Werte, Prinzipien und Standards haben.
Warum wir uns

Bildquelle: AdobeStock ipopba

Zu einer wirklichen Beraterpersönlichkeit sind wir geworden, wenn ein potenzieller Kunde nach dem Kennenlernen zu uns sagt:

„Egal, was wir zusammen machen, aber irgendetwas machen wir zusammen!“

Wie geht das mit dem „Erden“?

Um mich zu erden, halte ich mir regelmäßig meine Berufung vor Augen. Das können und sollten Sie spätestens auch tun, wenn der Routine-Autopilot zulasten Ihrer manuellen Flugkünste mal wieder überhandnimmt. Fragen Sie sich also:

  • Worum geht es uns in unserem Beruf?
  • Was ist unser Verständnis unserer Rolle als Berater? Möchten wir die von allen Kollegen bewunderte Consulting-Lichtgestalt sein? Oder geht es uns darum, einen echten Beitrag zu leisten?
  • Woraus ziehen wir Befriedigung? Im Lenkungsausschuss möglichst viele Lorbeeren für die Projektleitung zu bekommen? Oder das interne Team des Kunden glänzen zu lassen, damit Erfolge langfristig nachwirken?
  • Stellen wir uns vor, wir hätten etliche Millionen verdient: Würden wir etwas anderes oder eher gar nichts mehr machen wollen?

Ich stelle dann immer sehr schnell fest, dass ich vollkommen anders gestrickt bin. Ich diene meinen Kunden und will ihnen dabei helfen, noch erfolgreicher zu sein, noch schneller an Wettbewerbsstärke zu gewinnen. Und das vom ersten Gespräch an. Der materielle Erfolg kommt dann ganz von selbst. Doch er ist nur die Kirsche auf der Torte.

Im Herzen geht es ums Dienen und nicht darum, das eigene Ego zu befriedigen oder einen Nullachtfünfzehn-Job zu machen.

Wenn ich das so reflektiere, bin ich zum Glück weit davon entfernt, in diese Ego-Fallen zu tappen. Es hilft mir aber, mich zu refokussieren und mir wieder klarzumachen: Wenn die Projekte plötzlich leicht erscheinen, ist das zu 90 Prozent kein Zeichen meiner Genialität, sondern eher ein Alarmsignal, das mir anzeigt, dass ich in eine Routine abdriften könnte, in der ich nicht alles für meine Kunden einsetze und nicht alles aus ihnen als Kunden heraushole.

Ihr

Matthias Kolbusa

Written by : Matthias Kolbusa

Zum Newsletter anmelden

Lassen Sie sich regelmäßig inspirieren für Ihre Arbeit als Berater, Coach oder Trainer. In Matthias Kolbusas Newsletter für Berater, Coaches und Trainer stecken über 20 Jahre Erfahrung in der Beratung von Unternehmen wie Daimler, Telekom, Samsung und thyssenkrupp. Egal, wo bei Ihnen der Schuh drückt, der Berater-Newsletter wird Ihnen dabei helfe, sich in den kommenden Wochen stetig weiterzuentwickeln.

Leave A Comment