Hätte man es als Angestellter immer leicht, würden nicht viele der besseren unter ihnen den Wunsch hegen, als Berater auf eigenen Beinen zu stehen. Doch haben die eingeschränkten Freiheiten im Arbeitsverhältnis auch ihre Vorteile. Vieles, was Solopreneure aus eigenem Antrieb leisten müssen, kann der Mitarbeiter an sein Unternehmen delegieren. Er muss das nicht tun und sollte es meines Erachtens auch nicht, aber wer mag, gründet seine Disziplin und seine Werte rein extrinsisch auf der Verpflichtung, die sich für ihn aus seinem Gehaltszettel ergibt. Der Vorteil dabei: Wenn man nicht gut in Form ist, gibt es immer jemanden, der einem Beine macht.

 

Sich selbst Beine machen

Als Berater, ob nun als Consultant, Trainer, Coach oder Freiberufler, verfügt man über diesen – unter dem Strich zweifelhaften – Luxus nicht. Man muss sich jeden Tag aus eigenem Antrieb in Bewegung setzen und das Marketing vorantreiben, neue Kunden akquirieren, Projektpläne schmieden, Vereinbarungen einhalten und Ergebnisse liefern. Wer das nicht schafft, tritt erst auf der Stelle, fällt dann zurück und geht schließlich unweigerlich unter.

Gut also, wenn man erstens intrinsische Power mitbringt und zweitens über ein Wertesystem verfügt, das gleichermaßen nach innen und nach außen Wirkung entfaltet. Diese beiden Faktoren machen einen in ihrem Zusammenspiel sowohl zum erfolgreichen Unternehmer in eigener Sache als auch zum verlässlichen und wirkungsvollen Begleiter seiner Klienten. Die Summe der gelebten Werte ist der Charakter, die Persönlichkeit.

 

Das eigene Wertesystem als Entscheidungskompass

Zu meinem Kompass, also meinem Wertesystem, das mir hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen, zählt alles, was meine Aussagen und Handlungen beeinflusst. Viele Menschen verlassen sich diesbezüglich auf ihr Bauchgefühl und können auf Anhieb einige plakative Werte nennen, denen sie sich verpflichtet fühlen. Wirklich erklären können sie diese jedoch nicht. Wer aber als Beraterpersönlichkeit reifen will, kommt nicht umhin, sich intensiv mit seinen Werten auseinanderzusetzen. „Reif“ heißt in diesem Zusammenhang, zu wissen, was man aus welchen Gründen sagt oder tut – oder auch nicht.

Zu dieser Beschäftigung mit den Werten gehört unbedingt, sie so eindeutig zu definieren, dass unmissverständlich klar ist, was unter ihnen zu verstehen ist. Was heißt für mich „Mut“? Was bedeutet „Offenheit“? Woran mache ich „Vertrauen“ fest? Was genau verstehe ich unter jedem einzelnen Wert, und wie prägt er mein Handeln?

Wenn diese Phase erfolgreich abgeschlossen ist, fällt es nicht schwer, Beispiele für das Leben dieser Werte zu finden. Umgekehrt funktioniert das nicht, da Beispiele niemals Definitionen liefern. Nur die individuell-abstrakte Auseinandersetzung mit Wertebegriffen lässt konsistentes Verhalten entstehen und befreit Menschen von der Gefahr, zum Spielball wechselnder und flüchtiger Emotionen zu werden.

 

Ein persönliches Wertesystem, das funktioniert

Wertesystem

Da das Wertesystem eines Menschen immer etwas Individuelles ist, sowohl was die vorhandenen Werte selbst als auch deren Verständnis angeht, kann ich an dieser Stelle keinen Wert als allgemeingültig vorgeben. Was ich aber tun möchte, ist, das Wertesystem vorzustellen, mit dem ich mich selbst identifiziere und das mich dabei unterstützt, als Berater und Mensch erfolgreich und zufrieden zu sein. Es setzt sich aus sieben zentralen Werten zusammen.

  1. Mut: Mut bedeutet, zu sagen oder zu tun, was in Anbetracht der Situation das Richtige ist. Das Richtige ist das, was mehr Menschen nützt als schadet.
  2. Offenheit: Offenheit ist der aufrichtige Wunsch, andere verstehen zu wollen. Das ist etwas völlig anderes, als nur zuzuhören.
  3. Verlässlichkeit: Eine Vereinbarung ist eine im Dialog getroffene Übereinkunft bezüglich bestimmter Erwartungen und der zur Erfüllung dieser Erwartungen notwendigen Bedingungen. Effektives Management basiert auf Vereinbarungen, nicht auf Ansagen. Verlässlich ist, wer sich an Vereinbarungen hält oder diese rechtzeitig neu verhandelt.
  4. Vertrauen: Vertrauen ist das bewusste Eingehen des Risikos, verletzt oder enttäuscht zu werden.
  5. Geschwindigkeit: Geschwindigkeit ist der Wille, Ziele oder Aufgaben im maximal möglichen Tempo zu erreichen bzw. zu erledigen. Das maximal mögliche Tempo ist der schmale Grat zwischen Umsichtigkeit und Fahrlässigkeit.
  6. Konsequenz: Konsequenz ist die weise Umsetzung getroffener Entscheidungen mit hoher Geschwindigkeit – auch gegen Widerstände.
  7. Disziplin: Disziplin ist das Einhalten mit sich selbst getroffener Vereinbarungen. Sie verlangt, auch das zu tun, wozu man keine Lust hat. Denn verspürte man diese Lust, wäre es nicht der Rede wert, und wir würden es automatisch machen.

Obwohl die vorgestellten Werte vermutlich gut nachvollziehbar sind, muss der jeweilige Kompass stets zu der Persönlichkeit passen, die sich an ihm ausrichtet. Entscheidend ist immer, die gewählten Werte intensiv zu überdenken, sie sauber zu definieren und tief zu verinnerlichen. Gelingt das, gewinnt man als Mensch, wird man besser in seinem Job und wirkt in den Augen der Kunden reif, in sich gegründet, kompetent und verlässlich.

 

Written by : Matthias Kolbusa

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